Liebe Freunde und Familie,
nach wie vor ist die Lage in Haiti schwierig. Das 2. Kontingent Polizisten und Soldaten aus Kenia ist im Land eingetroffen, sowie gepanzerte Polizeifahrzeuge, Unterkünfte wurden hergerichtet. Man hört etwas weniger von Überfällen der Banditen und Vertreibung der Bevölkerung, sondern eher von Kämpfen untereinander und mit der Polizei.
Fahrten in die Hauptstadt sind kaum möglich, da bestimmte Stadtteile nach wie vor von Banden kontrolliert werden und es auf der Strecke viele ihrer „Checkpoint`s“ gibt, wo man bezahlen muss und Reisen damit um ein Vielfaches teurer geworden ist. Die Regierungsbildung gestaltet sich schwierig.
Lange war der Flughafen in der Hauptstadt aus Sicherheitsgründen geschlossen, es war nicht möglich, das Land zu verlassen. Das hat sich zum Glück mittlerweile geändert und Reisen ins Ausland können wieder angetreten werden.
Im Süden wo wir leben, ist die Lage nach wie vor relativ sicher. Versuche der Banden in Richtung Süd-Westen Land zu gewinnen, wurden bisher vereitelt. Vor 2 Woche kam es zu einer gewaltigen Auseinandersetzung zwischen Polizei und Banditen und über 70 Kriminelle verloren ihr Leben. Banden können sich auf dem Land nur schwer halten. Zu groß ist der Widerstand der Bevölkerung und die Möglichkeit für sie, unerkannt unterzutauchen.
Es gibt viele Binnenflüchtlinge. Hunderttausende. Immer wieder hören wir, Banditen sind in ihre Häuser eingedrungen, haben ihnen alles abgenommen und sie vertrieben.
So hat einer unserer Helfer geklagt, daß er nun zusätzlich viele „Münder“, Verwandte und Bekannte die aus der Hauptstadt geflohen sind, durchfüttern muss. Da versuchen wir zu helfen.
Für einige Wochen waren wir die einzigen Weißen auf dem Missionsgelände. Das war vor ein paar Jahren kaum denkbar. Seit einer Woche ist eine Amerikanerin zurück. Ende August kommen noch andere zurück. Die letzten 2 Jahre sind 8 Familien mit insgesamt mehr als 20 Kindern nicht mehr oder noch nicht zurückgekommen.
Der Sommer hat begonnen und damit auch die wirklich heiße und anstrengende Zeit. Das wäre erträglich, wenn es wenigstens nachts abkühlen würde. So werden selbst einfache Tätigkeiten mühsam und man schwitzt schon morgens. Alle Schulen haben inzwischen geschlossen.
In der Sommer-Ferienzeit sind in vielen Kirchengemeinden Veranstaltungen geplant, es sind sogenannte „Konferenzen“ an denen die Gläubigen und Besucher teilnehmen. Auch eine „Missionsreise“ planen manche Gemeinden. Mit viel Engagement werden die 4 Tage vorbereitet, Essen wird eingekauft, Lieder werden eingeübt, manche planen einen medizinischen Einsatz. Es gibt viele Veranstaltungen mit Musik und Singen, dazu wird eingeladen, Kranke werden besucht. Unterkunft und Schlafplatz ist der Fußboden in den gemeindeeigenen Schulen, die für den Sommer die Tore geschlossen haben. Außenstehende lassen sich von der frohen Botschaft des Evangeliums ansprechen, finden zum Glauben an Jesus Christus und so wachsen die Gemeinden.
Die Arbeiten an der Bibelschule sind für Reinhard weitestgehend beendet. Es war doch ein recht
Juli 2024
großes Bauvorhaben. Dank vieler Hilfen, konnte alles zur Zufriedenheit abgeschlossen werden. Noch einige kleine Arbeiten stehen an. Sogar ein Brunnen wurde auf dem Schulgelände gebohrt, was wirklich eine gute Sache ist, da es hier im Land keine allgemeine öffentliche Wasserversorgung gibt, nur individuelle Lösungen.
Eine ganz ungewöhnliche Aufgabe ist Reinhard in den letzten Monaten mit Gefängnisbesuchen zugefallen. Begonnen haben es unsere Freunde, das Ehepaar Schürer.
Durch die permanente Regierungskrise und Blockade von Transportwegen, ist die Versorgung der Gefängnisse nicht mehr gewährleistet. Offizielle Stellen vermelden 78 Tote aufgrund mangelnder Versorgung. Mit Hilfe aus Deutschland und den USA, ist es z. Zt. möglich, einmal in der Woche eine Lieferung Lebensmittel für das Gefängnis in Les Cayes zu organisieren. Praktisch bedeutet das, Reinhard fährt mit einem Helfer in die Stadt, kauft hauptsächlich Reis, Bohnen, Mais, Öl ein und bringt es vor Ort. Sie besorgen das Holz und dann wird auf dem Gefängnishof in ein paar großen Kochtöpfen für die rund 900 Gefangenen gekocht. Wenn man da einmal war, kann man sagen, dieses Gefängnis ist eine echte Bestrafung. Da sitzen neben schlimmen Verbrechern auch Kleinkriminelle jahrelang ein, einfach weil man sie vergessen hat, bzw. weil die Richter oder Anwälte das Land verlassen haben und keiner mehr für einen Prozess zuständig ist.
Ulrike ist mehr als gut ausgelastet in der Physiotherapie. Seit Montag hat sich das Team in der Clinic Lumiere um 5 Praktikanten verstärkt, die neben den Patienten auch noch Betreuung brauchen. Die Physioklinik in Port-à-Piment mit ihren 4 kleinen Außenstellen will auch 1x im Monat besucht werden. An Arbeit mangelt es ihr nicht.
Gott ist unsere Zuversicht und Stärke. Psalm 46
Ganz herzlich grü ßen wir aüs Haiti,