Unsere Mission

Am besten beschreibt ein Zeitungsinterview (Schwarzwälder Bote 24.12.2022) das Missionsprojekt des Ehepaares Schaller und die Lage in Haiti.

 

Wie ist die derzeitige Situation in Haiti?

Bestimmte Stadtteile in Port-au-Prince werden von Banden kontrolliert. Sie verlangen »Schutzgelder« für den durch-gehenden Verkehr. Dadurch verteuert sich aller Waren -und Personentransport. Zusätzlich muss mit Überfällen und Entführungen gerechnet werden. Dagegen hat das Land, hauptsächlich im August und September, protestiert. Bisher leider, ohne dass sichtbare Veränderungen ein-getreten sind. Unser ursprünglicher Rück-reisetermin war im September. Wir mussten ihn drei Mal verschieben, bis wir es im Oktober schließlich doch gewagt haben. Und das war richtig so. Im September gab es auch hier in der Stadt, in der wir wohnen, große Unruhen und Plünderungen.

 

Welche Bedingungen haben Sie bei Ihrer Wiederanreise vorgefunden?

Seit Monaten gibt es keinen Strom mehr vom öffentlichen Netz. Hätten wir nicht vor circa zwei Jahren ein Solarsystem aufs Dach gebaut, würde hier gar nichts mehr gehen. Das Wassersystem hier in der Gegend braucht Strom für die Pumpen. Das hat nicht mehr funktioniert und es gab kein Wasser. Da musste mit Solar eine Art Notstromsystem installiert werden. Aufgefallen ist, dass es, im Vergleich zu den Monaten vorher, kaum noch Verkehr gab, weil fast kein Treibstoff aufzutreiben war und wenn, dann zu horrenden Preisen (fünf Euro der Liter) auf dem Schwarzmarkt. Kaum Personen- und Warentransport, kein Schulbetrieb. Eigentlich ein stillgelegtes Land. Dann sind viele Leute sichtbar dünner geworden. Gut war, dass bei unserer Ankunft die Straßenblockaden und Unruhen ziemlich vorbei waren. Wir hatten den Eindruck, dass viele einfach resigniert haben.

Wie hat sich Ihre Arbeit vor Ort verändert?

Meine Frau arbeitet als Krankengymnastin eine Woche in Les Cayes, dann eine Woche auf dem Land im kleinen Ort Port-a-Piment. Die Berufsschule konnte noch nicht wieder beginnen, weil für die Schüler der Transport zu teuer ist, also kommen sie nicht. Überhaupt ist alles sehr teuer geworden. Die Haitianer müssen ihr Geld für Lebensmittel aufwenden und haben für andere Dinge wenig übrig. Auch ins Krankenhaus, wo meine Frau arbeitet, kommen weniger Leute. Weil es keinerlei Krankenversicherung gibt, müssen Behandlungen aus der eigenen Tasche bezahlt werden. Dafür fehlt das Geld.

Wie viel teurer sind lebensnotwendige Güter geworden?

Vieles gibt es gar nicht mehr. Ein Kilo Mehl kostet circa drei Euro. Vor zwei Wochen haben wir eine Zwiebel für einen Euro gekauft. Selbst die im Land produzierten landwirtschaftlichen Güter sind sehr teuer, weil der Transport nahezu unerschwinglich geworden ist.

Haben Sie Sorge um Ihre eigene Sicherheit?

Das haben wir nicht. Inzwischen weiß man die Zeichen zu deuten und reagiert entsprechend bei aufziehenden Unruhen. Daneben haben wir nach so langer Zeit in Haiti viele Beziehungen, die durch Krisenzeiten tragen. Ohne die würden wir hier kaum überleben können. Freundschaft heißt hier immer auch finanzielle Hilfe, oder einfach Unterstützen in Notlagen. Wir helfen den Leuten, wo sie Hilfe brauchen (Krankheit oder Schule) Sie helfen uns, wenn wir Diesel brauchen, bei Ämtergängen oder Lebensmittelbesorgungen.

Was motiviert Sie, im Land zu bleiben?

Wir sind ja nun schon seit mehr als 20 Jahren hier. So ist das auch ein zweites Zuhause geworden. Und ganz wichtig. Hier kann man leicht helfen und die Notlagen vieler Menschen lindern. Das geht in Deutschland nicht so ohne Weiteres.

Wie könnte den Menschen vor Ort am besten geholfen werden?

Nicht wenige Entwicklungshilfeprojekte schlagen fehl. Auch wenn viel Geld fließt. Warum? Man kennt die Kultur nicht, die Sprache, die wirklichen Bedürfnisse. Man kommt mit eigenen Ideen und wundert sich, dass es dann nicht klappt. Durch berufliche Bildung können viele junge Menschen sich und ihre Familien heute selbst durch den erlernten Beruf versorgen. Manche sind dadurch wohlhabend geworden. Anfangs hatte ich Zweifel, ob die vielen Schüler auch Arbeit finden. Das tun sie und hat im Laufe der Jahre positiv überrascht. Oder die Arbeit meiner Frau im Krankenhaus in Les Cayes und Port-a-Piment. Da konnte in den vergangenen Jahren, auch ohne aufwendige Projekte, sehr vielen Menschen geholfen werden. Manchmal reicht es schon, wenn man jemand 50 Euro für die Fahrt ins Krankenhaus gibt. Da sind die Menschen hier ewig dankbar dafür.